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Gerichtstyp
Geschäftszahl
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Petrag als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Langer, Dr. Rohrer, Dr. Spenling und Dr. Kuras als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1.) Dr. Hubert K*****, 2.) Andrea K*****, Dipl. Physiotherapeutin, *****, und 3.) Mag. Florian K*****, alle vertreten durch Dr. Heribert Schar ua, Rechtsanwälte in Innsbruck, wider die beklagte Partei Dr. Maria H*****, Facharzt für Gynäkologie und Frauenheilkunde, *****, vertreten durch Dr. Alfred Pribik, Rechtsanwalt in Wien, wegen S 1,122.822,03 sA, infolge außerordentlicher Revision der klagenden Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht vom 27. März 2000, GZ 16 R 105/00d-41, womit infolge Berufung der klagenden Parteien das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom 26. Juni 2000, GZ 12 Cg 123/98x-37, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss gefasst: Der Revision wird Folge gegeben. Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden aufgehoben. Die Rechtssache wird an das Erstgericht zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung zurückverwiesen. Die Kosten des Revisionsverfahrens sind Kosten des weiteren Verfahrens. Begründung: Der Nachlass nach der am 19. 4. 1998 an den Folgen eines Karzinoms am rechten Eierstock verstorbenen Patientin der Beklagten wurde dem erstklagenden Ehegatten und den Zweit- und Drittklägerin als deren Kinder jeweils zu einem Drittel eingeantwortet. Die Patientin der beklagten Gynäkologin besuchte deren Ordination bereits ab November 1987 etwa ein bis zweimal jährlich. Dabei führte die Beklagte am 8. 8. 1994 im Rahmen einer routinemäßigen Kontrolle sowohl eine Ultraschalluntersuchung als auch eine Tastuntersuchung der beiden Eierstöcke durch und setzte auf ihrer Karteikarte den Vermerk "US: ob (Ko. re. Ovar 1 Jahr)". Es konnte nicht festgestellt werden, ob die Beklagte anlässlich dieser Untersuchung irgendetwas - wenn auch nur unspezifisches - Auffälliges auf dem rechten Eierstock gesehen hat. Sie empfahl jedoch der Patientin, nach einem Jahr wieder eine Kontrolluntersuchung vornehmen zu lassen. Diese Vorgangsweise war dann lege artis, wenn die Beklagte keine - wenn auch nur unspezifische - Auffälligkeiten auf dem rechten Eierstock wahrgenommen hat. Auch bei nur unspezifischen Auffälligkeiten wäre http://ris.bka.gv.at/taweb-cgi/taweb?x=d&o=d&v=jus&d=JUST&i=66545&p=1&q=%28JJT/200108. 27.04.2005 jedoch eine Kontrolluntersuchung spätestens nach einem halben Jahr anzuordnen gewesen. Allein dadurch, dass die Patientin regelmäßig das Medikament Premarin einnahm, war jedoch kein kürzeres Kontrollintervall indiziert. Der Erstkläger begehrte zuletzt (AS 121) S 742.164,01 an Schmerzengeld, Begräbnis- und Verlassenschaftskosten und die Zweitklägerin sowie der Drittkläger je S 190.329,01 an Schmerzengeld, Heilungskosten, sowie Kosten von Besuchsfahrten. Sie stützten dies zusammengefasst darauf, dass die beklagte Frauenärztin schon bei der Routineuntersuchung am 8. 8. 1994 gesagt habe, dass sich auf dem rechten Eierstock "etwas befinde", jedoch ungeachtet dieses Umstandes die Kontrolluntersuchung erst im Abstand eines Jahres angeordnet habe. Im Juni 1995 jedoch habe sich dann gezeigt, dass die Patientin bereits ein faustgroßes Eierstockkarzinom gehabt habe, an dem sie dann nach verschiedenen Operationen und Chemotherapien im April 1998 verstarb. Dies sei darauf zurückzuführen, dass infolge der Verletzung der Behandlungssorgfalt durch die Beklagte das Eierstockkarzinom nicht im Frühstadium erkannt und behandelt worden sei. Die Beklagte hätte spätestens innerhalb von drei Monaten Kontrollmaßnahmen, allenfalls sofort eine Computertomographie sowie eine Endoskopie und Abnahme von Tumormarkern verordnen müssen. Daraus, dass die Beklagte eine Kontrolle speziell für den rechten Eierstock angeordnet habe, sei auch zu schließen, dass bereits ein Verdacht bestanden habe, weshalb ein baldiger Kontrolltermin geboten gewesen sei. Das Verhalten der Beklagten sei grob fahrlässig gewesen. Diese habe auch ihre Dokumentationspflicht verletzt. Im Übrigen erstatteten die klagenden Parteien ein umfangreiches Vorbringen zur Höhe der geltend gemachten Ansprüche. Die Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens und wendete im Wesentlichen ein, dass der Ablauf der Behandlung fehlerfrei gewesen sei. Es habe sich um ein sehr rasch wachsendes Karzinom gehandelt, von dem bei ihrer Untersuchung 11 Monate vor der Operation noch keine Anzeichen vorhanden gewesen seien. Die Dokumentationspflicht habe sie nicht verletzt. Im Übrigen wendete die Beklagte auch noch Verjährung ein und erstattete ein umfangreiches Vorbringen zur Höhe der geltend gemachten Ansprüche. Das Erstgericht wies die Klagebegehren ab. Es folgerte rechtlich aus dem einleitend dargestellten Sachverhalt, dass den Klägern der Nachweis eines sorgfaltswidrigen Verhaltens der Beklagten nicht gelungen sei. Auch eine Verletzung der Dokumentationspflicht könne der Beklagten nicht angelastet werden, da im Zweifel davon auszugehen sei, dass die Beklagte bei der Routineuntersuchung im Augst 1994 nichts auffälliges bemerkt habe und daher die Aufzeichnung "US: ob" ausreichend sei. Nur dann, wenn feststehe, dass eine bestimmte ärztliche Maßnahme nicht dokumentiert wurde, könne dies in Zweifelsfällen die Vermutung begründen, dass diese Maßnahme auch tatsächlich nicht gesetzt wurde. Dies liege hier jedoch nicht vor. Das Berufungsgericht gab der Berufung der klagenden Parteien nicht Folge. Es erörterte rechtlich, dass ausgehend davon, dass kein Krebsverdacht bestand, auch nichts zu dokumentieren gewesen sei. Zur Anfertigung eines Ultraschallbildes sei die Beklagte nicht verpflichtet gewesen. Es sei doch auch die Ultraschalluntersuchung der Gebietskrankenkasse nicht gesondert in Rechnung gestellt worden. Daher sei die "Feststellung", dass der Passus "US: ob" als Dokumentation ausreichend sei, zutreffend. Die ordentliche Revision erachtete das Berufungsgericht als nicht zulässig, da eine Rechtsfrage nicht zu entscheiden gewesen sei. Rechtssatz
http://ris.bka.gv.at/taweb-cgi/taweb?x=d&o=d&v=jus&d=JUST&i=66545&p=1&q=%28JJT/200108. 27.04.2005 Die gegen dieses Urteil erhobene außerordentliche Revision der klagenden Parteien ist zulässig und auch berechtigt. Eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zur Frage des Umfanges der Dokumentationspflicht bei Vorsorgeuntersuchungen liegt nicht vor. Grundsätzlich trifft die Beweislast für das Vorliegen eines Behandlungsfehlers und dessen Kausalität für den eingetretenen Schaden den Patienten (vgl etwa OGH vom 23. 11. 1999, 1 Ob 254/99f = JBl 2000, 657 [Jabornegg] = RdM 2000/11 = EvBl 2000/79 mwN; 6 Ob 3/98d, SZ 69/199, JBl 1995, 453 uva). Anerkannt ist aber auch, dass den Arzt - und zwar schon vor der Festlegung im hier noch anzuwendenden § 22a des Ärztegesetzes 1984 - schon aus dem Wesen des Behandlungsvertrages die Verpflichtung zur Führung von Aufzeichnungen getroffen hat und diese den Patienten bzw dessen Erben auch einsehbar zu machen waren (vgl RIS-Justiz RS0038270 = insbes OGH 1 Ob 550/84 = SZ 57/98 = EvBl 1985/32 = JBl 1985, 159; SZ 67/9 uva, Stellamor/Steiner Handbuch des österreichischen Arztrechts I, 470; Juen Arzthaftungsrecht 125). Der wesentliche Zweck dieser ärztlichen Dokumentationspflicht liegt in der Therapiesicherung aber auch in der Beweissicherung und Rechenschaftslegung (vgl RIS-Justiz RS0108525 = 3 Ob 2121/96z = RdM 1998/7 = EvBl 1998/24, Juen Arzthaftungsrecht, 125 ff). Verletzt nun der Arzt diese Dokumentationspflicht, so hat dies als beweisrechtliche Konsequenz zur Folge, dass dem Patienten zum Ausgleich der durch die Verletzung der Dokumentationspflicht eingetretenen größeren Schwierigkeiten beim Nachweis ärztlicher Behandlungsfehler eine der Schwere der Dokumentationspflichtverletzung entsprechende Beweiserleichterung Platz zu greifen hat. Damit soll es zu einer gerechten Rollenverteilung im Arzt-Patienten-Verhältnis kommen (vgl insb OGH 4 Ob 554/95 = SZ 68/207 = JBl 1996, 181 = RdM 1996/7; OGH 3 Ob 2121/96z = RdM 1998/7 = EvBl 1998/24, Giesen aaO, 374; Juen aaO, 126; vgl auch Giesen Arzthaftungsrecht4, 372). Dies wurde im Zusammenhang mit dem Nachweis von Fehlern bei der Behandlung dahin präzisiert, dass die unterlassene Dokumentation einer Maßnahme auch die Vermutung begründe, dass diese vom Arzt nicht gesetzt wurde (vgl zu 1 Ob 532/94 = SZ 67/9 = JBl 1995, 245 = KRES 9/30 = RdM 1994/25; 3 Ob 2121/96z = RdM 1998/7 = EvBl 1998/24, 2 Ob 235/97s, 7 Ob 337/98d = RdM 1999/12, 6 Ob 258/00k). Durch die Verletzung der Dokumentationspflicht allein wird jedoch noch keine Vermutung eines objektiven Sorgfaltsverstoßes begründet (vgl OGH 2 Ob 235/97s, 7 Ob 337/98d = RdM 1999/12, 6 Ob 258/00k), sondern es geht nur um die dargestellte Beweiserleichterung (Juen aaO, 127). Hier zu beurteilen ist nun einerseits abweichend von den Vorentscheidungen nur die Frage des Umfanges der Dokumentationtspflicht im Zusammenhang mit routinemäßigen Vorsorgeuntersuchungen und andererseits die Frage allfälliger aus einem Verstoß gegen dabei bestehenden Dokumentationspflichten ableitbaren Beweiserleichterungen. Der hier anzuwendende § 22a des ÄrzteG 1984 legt nun in seinem Abs 1 fest, dass der Arzt verpflichtet ist, Aufzeichnungen über jede zur Beratung oder Behandlung übernommene Person, insbesondere über den Zustand der Person bei Übernahme deren Beratung oder Behandlung, die Vorgeschichte einer Erkrankung, die Diagnose, den Krankheitsverlauf sowie über Art und Umfang der beratenden, diagnostischen oder therapeutischen Leistungen einschließlich der Anwendung von Arzneispezialitäten zu führen und darüber Auskünfte zu erteilen. Mit dieser Regelung sollte aus Gründen des Konsumenten- bzw Patientenschutzes die bereits in der Judikatur angenommene http://ris.bka.gv.at/taweb-cgi/taweb?x=d&o=d&v=jus&d=JUST&i=66545&p=1&q=%28JJT/200108. 27.04.2005 Verpflichtung aus dem Behandlungsvertrag ausdrücklich im Rahmen der ärztlichen Berufspflichten verankert werden (vgl so insbesondere der Ausschussbericht 1436 der BlgNR der 18. GP, 3 f). Betrachtet man nun die dargestellte Zielrichtung der ärztlichen Dokumentationspflicht unter anderem im Sinne einer Beweissicherung und Rechenschaftslegung, so ist die in § 22a des ÄrzteG 1984 festgelegte Verpflichtung, Aufzeichnungen unter anderem über den Zustand der Person bei Übernahme, die Diagnose sowie die Art und Umfang der beratenden, diagnostischen und therapeutischen Leistungen zu führen, jedenfalls dahin zu interpretieren, dass dann, wenn der Arzt eine bestimmte beratende auf den einzelnen Partienten bezogene Leistung vornimmt auch die diagnostischen Grundlagen dafür festzuhalten sind. Hier hat nun die Beklagte offensichtlich eine auf die konkrete Person der Patientin bezogene Beratung dahin vorgenommen, dass sich diese hinsichtlich des rechten Eierstockes innerhalb eines Jahres einer neuerlichen Untersuchung unterziehen müsse (siehe AS 133). Die auch für die Beurteilung der weiteren Entwicklung wesentlichen diagnostischen Grundlagen für diese - nicht nur allgemein routinemäßige, sondern wegen eines bestimmten Organes erfolgte - Beratung hat sie aber in der Dokumentation nicht festgehalten. Darin ist eine Dokumentationspflichtverletzung durch die Beklagte zu sehen (vgl Juen aaO, 128; zur Judikatur des BGH Staffen/Dressler8, Rz 458). Bedenkt man nun, dass einer der wesentlichen Inhalte derartiger Vorsorgeuntersuchungen darin liegt, allfällige bösartige Geschehen aufzudecken und der wesentliche Vorwurf an die Beklagte darin liegt, dass dann, wenn bei einer derartigen Untersuchung auch nur unspezifische Auffälligkeiten auftreten, eine Nachkontrolle innerhalb längstens 6 Monaten hätte vorgenommen werden müssen, so liegt die angemessene Beweiserleichterung darin, dass die Beklagte nunmehr nachzuweisen hat, dass zum Zeitpunkt der Untersuchung im August 1994 derartige auch nur unspezifische Auffälligkeiten nicht vorlagen (vgl auch Giesen aaO, 375 f). Kann doch dem Patienten nur dadurch ein Äquivalent für die aus einer konkreten Dokumentation ableitbare Beurteilung, ob ein bestimmter Zustand eine "Auffälligkeit" darstellt oder nicht geschaffen werden. Da sich die Vorinstanzen mit der Feststellung begnügt haben, dass nicht nachweisbar sei, dass eine "Auffälligkeit" vorlag, war die Rechtssache zur Ergänzung des Verfahrens an das Erstgericht zurückzuverweisen. Der Kostenvorbehalt fußt auf § 52 ZPO. Anmerkung
Dokumentnummer
JJT/20010816/OGH0002/0080OB00134/01S0000/000 http://ris.bka.gv.at/taweb-cgi/taweb?x=d&o=d&v=jus&d=JUST&i=66545&p=1&q=%28JJT/200108. 27.04.2005

Source: http://www.marc.co.at/Gesetze/OGH-Urteil.pdf

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